Unsere Koffer sind nun wieder für den Flug gepackt. Die Kühlschranktasche
ist aufgebraucht bis auf ein kleines Mineralwasser, welches jetzt in meinen
Rucksack kommt. Das Frühstück nehmen wir heute im Flughafen. So sind wir
um halb zehn schon bei unserem allerletzten Cappuccino mit einem schönen
Schäumchen. Die Abgabe des Autos ging ganz reibungslos vor sich. Wir waren
gerade am Gepäckausladen auf dem Europcar-Parkplatz, da kam eben ein Kurier
der Autovermietung. Er fragte, ob getankt sei (zum Glück hatte ich die
Quittung noch griffbereit) und ob wir keinen Unfall hatten. Dann nahm er den
Schlüssel und wünschte uns gute Reise. Wir mussten gar nicht mehr am
Schalter vorbeigehen. Wir sind in diesen fünfeinhalb Wochen total 7243
Kilometer auf Neuseelands linken Strassenseiten gefahren. (Vielleicht etwa 243
davon von mir!)
Die Dame beim Einchecken nimmt's genau. Wir haben Übergewicht. Da drückt
sie noch ein Auge zu, aber Renés Pilotenkoffer ist viel zu schwer. Nur 7
Kilos seien erlaubt. Es ist nun unser vierter Flug damit, und dies ist das erste
Mal, dass wir so was hören. Vorgestern hatten sie auf einem Inlandflug ein
Highjacking, wie Marg in Blenheim uns am Frühstück ziemlich verdattert
erzählt hatte. Vielleicht nehmen sie es deswegen so genau. Also nehme ich die
Harddisk, etwas von den Kabeln und den Apfel in meinen Rucksack. So ist alles
verteilt und sie gibt sich zufrieden. Nur die Hoffnung, dass wir nur den kleinen
Koffer nach Singapur und das andere Gepäck nach Frankfurt durchchecken
können, zerschlägt sich.
Die Ausreisetaxe ist noch wichtig. Ohne diese Quittung kommt man gar nicht durch
die Passkontrolle. Auf Renés Visa-Karte wird direkt in Schweizer Franken
abgebucht. Dafür habe ich jetzt wieder übrige Neuseeland-Dollars.
Diesmal gibt's für den Compi kein Problem beim Bodycheck, aber der Mahnfinger
des Beamten beordert mich ins Kabäuschen. Eindringlich schaut er mich an und
seine eindeutige Geste mit dem Wort 'Drink' lässt mich gerade schuldig
fühlen. Jetzt habe ich doch das Wasser vergessen auszutrinken. Wenigstens habe
ich an mein grosses Sackmesser gedacht, welches mir Dani für meine Weltreisen
geschenkt hat. Meine Wasserflasche wird beamtlich entsorgt.
Mit den nun übriggebliebenen Neuseeland-Dollars kaufe ich mir jetzt halt doch
noch ein Paar Handschuhe aus Merino-Possum-Wolle und 2 CDs für die
Neuseeland-Diashow.
Leider ist unser Fenster-Platz diesmal direkt über der Tragfläche, dabei
wäre die Sicht über Australien und red Zentrum und auch Kimberley total
gut!! Resigniert schliesse ich den Laden und mache Solitrio bis zum Gehtnichtmehr.
Endlich ist 5 Uhr, aber wir warten zuerst mal in der Warteschlaufe über dem
Meer vor Singapur mit seinen vielen Inseln und Schiffen. Wieder das Erlebnis im
unendlichen Flughafen von Singapur mit den endlosen Laufbändern und mit
Teppich ausgelegten Hallen. Im Bagageclaim ist nun die schöne
Weihnachtsdekoration ersetzt worden. Chinesische Papierlampions werben jetzt neben
einem Plakat für den Jurong-Vogelpark. Wir steuern ein Taxi an, ich will
nämlich nicht im Shuttel im Sechs-Stern-Mandarin-Oriental-Hotel ankommen. Der
Taxifahrer ist schweigsam und wir erhalten keine Infos wie letztes Mal. Er kann
wohl nicht Englisch. Er fährt uns zum Hotel, direkt neben dem Riesenrad. Wie
wir vorhin in der Flugzeug-Zeitschrift von Singapore Airlines gelesen haben, soll
es heute eingeweiht werden. Ein Fest scheint in Vorbereitung und auf der
Zufahrtsstrasse zum Hotel sind Tribünen aufgestellt. Das Chinesische
Neujahrsfest steht unmittelbar vor der Tür. Etwa 3 Kulis im roten
Livrée reissen sich um unser Gepäck. Ich kann gerade froh sein, dass
ich meinen Rucksack bereits auf den Rücken geschwungen habe. Die
Rezeptionistin drückt uns eine Karte zum Zimmer in die Hand, welche auch
für den Lift zu benützen ist. Wo ist jetzt unser Gepäck? Wissen denn
die Kulis, wohin das gehört? Wir sind im 6. Stock gelandet und sehen direkt
aufs Riesenrad und eine Wand des dreissigstöckigen Ritz-Carlton Milenia
Hotels, welche den Blick auf die Stadt Richtung Norden versperrt. Richtung Hafen
und die Baustelle für das neue Las Vegas mit seinem Wald aus hunderten von
Kränen ist freie Sicht. Etwa zwei Stockwerk tiefer, am grossen, hoteleigenen
Pool, steht Servicepersonal mit den Händen auf dem Rücken sprungbereit,
falls sich jemand hierher verirrt, um ihm einen Liegestuhl unter das Gesäss zu
schieben und Frottetücher und Getränke herbei zu schaffen. Das Zimmer ist
etwa so gross, wie wir uns dies jetzt seit sechs Wochen gewohnt sind. Gut, im
Badezimmer ist alles aus rosa und schwarzem Marmor und es hat ein Bad und eine
Dusche. Im Zimmer hat es einen mit Perlmutter gerahmten Spiegel und ein Marmortisch
als Pult. Mit knapper Not sind sogar 2 Stühle vorhanden. Es hat auch hier eine
Anrichte, wo man Tee machen kann. Bügeleisen und -brett sind auch vorhanden.
Jetzt kommt sogar alles Gepäck ans rechte Ort!
Zuerst wollen wir nun über die Strasse zum Hafen und zum Riesenrad, dem
Singapore-Flyer, solange es noch hell ist. Dem Hafen entlang kommt man nicht, wegen
einer Baustelle, also probieren wir es der Hotel-Zufahrtsstrasse entlang. Beim
Zugang zum Flyer versperren uns verschiedene Sekuritas-Wächter den Weg. Heute
haben nur VIPS Zutritt, welche bereits diversen Taxis entsteigen. So gehen wir halt
auf die Suche, um irgendwas kleines Essbares zu finden. Wir nehmen die nächste
Strasse wieder links, so dass wir nach unserem Gefühl jetzt etwa hinter
unserem Hotel und dem Ritz sein müssen. Überall nur abweisende Mauern und
Auto-Ein- und Ausfahrtbarrieren. Unter dem Hotelpool befindet sich bestimmt ein
Parkhaus. Auf der andern Seite gäbe es vielleicht was zu beissen, aber
Fussgängerstreifen sind spärlich vorhanden und Warntafeln verbieten die
Überquerung der vierspurigen Strasse! Vielleicht hält man sich tunlichst
an diese Vorschriften, denn wir sind in Singapur. Dann gibt es doch ein paar
Snackbuden oder Take aways, mit ein paar Bistrotischchen auf dem Trottoir.
Vielleicht merken wir uns dies für's Frühstück. Es ist
erdrückend schwül und René ist der Appetit vergangen und ich bin
saumüde. Er will jetzt heim, aber ich habe Durst. Nur noch was zu trinken.
Also treten wir in dem einen Snackladen ein und bestellen ein Frappe. Die eisig
kalt eingestellte Air condition lässt uns bald wieder das Weite suchen. Wenn
wir die nächste Strasse links nehmen, sollten wir doch zum Hotel
zurückkommen. Aber da fällt mir plötzlich die Rolltreppe in den
oberen Stock auf, welche von verschiedenen Leuten benutzt wird. Marina Square ist
gross angeschrieben und unser Hotel befindet sich doch am Marina Square! Vielleicht
ist hier ein Durchgang. Oben angekommen, müssen wir erst mal tief durchatmen,
denn uns Landeiern ist gerade mal kurz die Spuke weggeblieben. Wir befinden uns
mitten in einem riesigen Einkaufszentrum. Laden an Laden und auch Restaurants
hätte es hier. Wegweiser zeigen in verschiedenen Richtungen zum Marina
Mandarin Hotel, dem Mandarin Oriental und dem Ritz-Carlton Millenia Hotel. Eine
genau gleiche Story ist mir doch schon damals in Salt Lake City passiert....
Obwohl es bald neun Uhr ist, herrscht hier immer noch Einkaufsstimmung. In einem
Schuhladen bleibe ich prompt hängen und was kauft sie? Ein paar bequeme
Scholl-Sandalen für etwa 50 Franken! Meine alten, stinkigen Elefantensandalen
habe ich nämlich noch in Neuseeland entsorgt und bei dieser Hitze hier,
schwimme ich bereits in den geschlossenen Halbschuhen.
Dem Wegweiser folgend, landen wir über ein Treppenhaus genau neben der
Rezeption unsers Hotels. Im Zimmer sind inzwischen die Vorhänge gezogen, das
Bett aufgeschlagen und die Pantoffeln bereit gestellt worden. Die Nachttischlampe
brennt und der Fernseher läuft. Aha, das ist wohl der Unterschied zu den 6
Sternen, das hatten wir jetzt noch nie. Die Bestell-Liste für ein gediegenes
und horrend teures Frühstück ignorieren wir gelassen. Wir finden bestimmt
morgen irgend wo irgend was.
Der Flyer ist jetzt rundum blau beleuchtet. Wir haben die Vorhänge wieder
zurückgezogen und als Gutenacht-Geschichte verfolge ich, wie sich der blaue
Kreis draussen ganz langsam dreht. Es ist sicher noch nicht vier Uhr, da bin ich
wieder hellwach. Draussen ist der Kreis jetzt nicht nur blau, sondern er probiert
es auch mit Rot und Grün. Dank meinem Jetlag kann ich nun mitverfolgen, wie
man versucht, das Farbspektakel so hinzukriegen, wie das wahrscheinlich geplant
ist. Um halb fünf haben sie es geschafft, dass der ganze Kreis von Rot auf
Gelb, über Grün und Blau zu Violett wechselt! Das sieht doch jetzt
attraktiver aus, wie ein Diamant, der in allen Farben erstrahlt. Haben wohl die
VIPS solange ausgeharrt? Aber es hapert immer noch. Jetzt haben sie vier
verschiedenfarbige Segmente, aber im roten, ganz oben ist ein gelber Fehler.
Es geht eine halbe Stunde bis diese gelbe Gondel unten ist. Am Schluss ist wieder
alles blau wie gestern und bei mir schläft's endlich wieder ein.