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Langsam kriecht neues Tageslicht zum Fenster herein und weckt eins ums andere der Bergvagabunden auf. Allein, das begleitende Nebengeräusch von Regen entzückt uns heute nicht besonders. Da muss man wohl die Regenhaut in Griffnähe in den Rucksack packen.
Zuerst aber stärken wir uns mit einem kräftigenden Frühstück und bis wir wasserdicht verpackt sind, um die erste Steigung, die direkt vor der Herberge beginnt, in Angriff zu nehmen, hat der Regen aufgehört. Während wir den Berg hinankeuchen (jedenfalls ich), beginnt die Sonne langsam die wallenden Nebel, welche uns vom Tal herauf zu verfolgen scheinen, zu durchleuchten. Unser Weg führt zuerst durch einen lichten Lärchenwald bergan, auch vorbei an einer uralten Lärche, welche den Bergsturz überstanden hat. Einzelne solche Bäume seien zum Teil mehr als sechshundert Jahre alt.
Es scheint heute Wallfahrtstag der Alpensalamander zu sein. In hellen Scharen haben sie sich aufgemacht, manchmal gar im Multipack, wohl um an den wunderschönen See in der Derborence in die Hochzeitsferien zu kommen?
In Wikipedia lese ich später, dass die Alpensalamander überwiegend nachtaktiv sind und sich von tierischer Beute, wie beispielsweise Insekten, Spinnen, verschiedenen Larven, Asseln, Schnecken und Regenwürmern ernähren. Besonders nach Regenfällen kommen die Tiere auch tagsüber aus ihren Verstecken. Und heute stimmt für sie die Luftfeuchtigkeit!
‚Alpensalamander (Salamandra atra), die im Gegensatz zu den meisten anderen Amphibien, die Eier (Laich) in Gewässer ablegen und deren Nachkommen ein Larvenstadium mit Kiemenatmung durchmachen, bringen die lebendgebärenden Alpensalamander ein bis zwei voll entwickelte, rund vier Zentimeter große und lungenatmende Jungtiere zur Welt, die sofort an Land lebensfähig sind. Als einziger mitteleuropäischer Lurch kann der Alpensalamander also unabhängig von Oberflächengewässern existieren - eine Anpassung an die extremen Lebensbedingungen im Hochgebirge'. (aus Wikipedia)

komme, was da wolle der Tag der Alpensalamander ehrwürdige Bäume was kommt denn da? Nebel eilt uns nach

"Was kommt denn da angedampft?" scheint zwei Stunden später die schwarz/weiss gefleckte Milchreklame-Kuh auf der Passhöhe zu fragen, die extra aufgestanden ist, um mich gwundrig von oben herab zu beäugen.
Die erste Hürde von 580 Metern haben wir also, den Pas de Cheville, mit 2038 Metern. Es folgt nun ein gemütlicheres Stück Weg durch Alpweiden sanft hinunter zu den Hütten der Alp Anzeindaz.
Der Kampf zwischen Wolken und Sonne ist noch nicht entschieden und es hat auch da und dort kalte Finger gegeben. Begierlich nehmen wir deshalb das Haus mit der Fahne dort unten besser unter die Lupe. An seiner Fassade ist doch wirklich Restaurant angeschrieben! Eine heisse Ovo wäre nämlich nicht zu verachten, ein Stundenhalt ebenso wenig.
Wir dürfen sogar mit unseren Wanderschuhen in die Werktagsstube hereinkommen, wo es aus der Küche bereits fein nach einer guten Suppe duftet.
Wir wenden später den gewaltigen Felstürmen der Diablerets mit ihrem vermantschten Gestein den Rücken zu. Die Nebel verziehen sich gerade einen Moment, für welchen man einen staunenden Blick in eine Millionen Jahre alte Geschichte machen kann, in welcher sich diese Riesen unter unvorstellbaren Kräften aufgebäumt haben. Eine Infotafel am Weg versucht, einem bei dieser Vorstellung bildlich etwas zu helfen.

ein bisschen an der Wärme das vermantschte Gestein der Diableret Frühlingsenzian alle Elf plus Ria! Männertreu, oder Kohlröschen

Hier beginnt der kurze Aufstieg von 150 Metern auf den Col des Essets, den zweiten Übergang für heute und hier wendet sich das Blatt langsam. Die Sonne beginnt die Oberhand zu bekommen und sie hebt all die Farben der vielfältigen Alpenblumen hervor. Blauer Frühlingsenzian leuchtet, Orchideen werden entdeckt und eigentlich könnte es hier Edelweiss geben? Tatsächlich - genau hinschauen wird belohnt! Beschwingten Schrittes geht's weiter, man stört bereits wieder sich sonnende Murmeltiere und natürlich muss man den besonders schönen Türkenbund auf den Chip bannen.

Alpen-Edelweiss Rosa Kugelorchis oder Traunsteinera Türkenbund Hanspeter ist uns nachgeeilt auch Ria hat Durst

Im Rucksack macht sich das Handy bemerkbar, weil man wieder in einen Bereich mit Empfang gekommen ist und es schickt uns Grüsse vom Appenzellischen aus dem Äther. Bei Klaus kündet ein SMS Besuch an. Hanspeter hat sich per Bahn und Postauto aufgemacht und ist uns über Bex - Villars - Solalex zur Alp Anzeindaz nachgeeilt. Dort hat man ihm bestätigt, dass eine so beschriebene Gruppe hier ihre Ovo getrunken habe und so hat er uns eingeholt, fast zeitgleich mit seinem ankündigenden SMS. Er will uns wohl ein bisschen moralische Unterstützung bringen. Nur heute, dabei hätte man für morgen eine solche viel nötiger. Mir graust immer noch der blosse Gedanke an die 1300 Meter Aufstieg, die wir dann bewältigen müssen. Immerhin ist der positive Wetterbericht für die nächsten Tage wenigstens beruhigend.
Über kräftig grüne Alpweiden gelangen wir fast eben nach La Vare, ein paar Alphütten, die sich an die Kante des nächsten steilen Abstiegs nach Pont de Nant schmiegen. Friedlich grast hier schwarzes, braunes und geflecktes Vieh neben Esel und Maultier beieinander. Der weisse Fleck nahe bei den Häusern ist nicht liegen gebliebener Schnee, sondern, wie wir beim Näherkommen erkennen können, eine originale Mongolische Jurte. Etwa 8 Tour de Muverans-Wanderer hätten hier die Möglichkeit für eine Unterkunft. Auch zu einer Erfrischung könnte man in der Buvette hier einkehren oder sei es auch nur, um wieder einmal die Schmetterlinge im Bauch zu spüren, welche sich beim Auf- und Abschwingen auf der grossen, hölzernen Gigampfi vor dem Haus einstellen.

Schmetterlinge im Bauch mongolische Jurte verknetetes Gestein in Pont de Nant verwöhnt mit Lasagne

Mit etwas zittrigen Knien vom letzten steilen Stück Abstieg, erreichen wir gegen halb fünf Uhr die Auberge in Pont de Nant, welches auf 1253 Metern liegt. Es scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein, wo man mit dem Auto noch gut hinkommen kann. Unser Dortoir ist hell und freundlich und gerne wird vor dem Abendessen die Gelegenheit für eine erfrischende Dusche genützt. Es gibt sogar eine Steckdose, wo ich meinen Kamera-Akku aufladen kann.
Vornehm mit gestyltem Gedeck werden wir heute nach einer fantasievollen Geisskäsesuppe mit einer hausgemachten Lasagne verwöhnt, gekrönt von einem himmlischen Himbeerdessert.


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