zum vorherigen Tag 26. Juli 20125 zum nächsten Tag

Ein reichliches Frühstück gibt uns den nötigen Boden für unsere heutige Etappe, die uns nun über Tschiertschen, hinunter nach Molinis und dann etwas in der Höhe bis nach Langwies und von dort bis nach Strassberg im Fondei führt. Das schöne Wetter wartet draussen schon auf uns und bis wir ordentlich gesattelt und abmarschbereit sind, erbietet sich der Wirt, von allen noch die Startfoto zu schiessen.
Von hier aus ist die Route nicht immer so ganz klar und irgendwie sträubt man sich zu glauben, dass soviel davon Teerstrasse sein muss. Wegen dem Ruchtobel ist es nötig, dass wir bis Tschiertschen absteigen und von dort ist auch der Jakobsweg als Route Nr. 43 wieder ausgeschildert. Irgendwie logisch, dass der auch immer wieder durch die Orte führt und auch, dass diese Ortsverbindungen heute überall Hartbelag aufweisen. So haben wir auf unserem Pilgerweg statt Erbsen in den Schuhen, halt öfter mal Teer unter den Füssen.
Ansonsten geniessen wir heute einen schönen und sonnigen Wandertag, vorbei an einer alten Mühle, einsamen Gehöften und Schobern und vielen plätschernden Brunnen, welche sich als prickelnde Kneipp-Gelegenheiten anbieten. Die Unterarme bis zum Ellbogen ins eiskalte Wasser getaucht, vermittelt augenblicklich neue Energie und frischen Tatendrang. Am gegenüberliegenden Hang die Schanfigger Dörfer St.Peter und Peist und ab und zu windet sich auch der rote Wurm der RhB durch Tunnels und Viadukte über grüne Wiesen und Wälder.

Berghüttenfrühstück durch lichten Lärchenwald Holz vor den Haus und Weisshorn dahinter Tschiertschen kneippen im kalten Wasser

Bei der Rast an einer Schweizer Familien-Feuerstelle sondiert Pascal mal vor, ob uns der Wirt vom Strassberg möglicherweise mit einem Büslein in Langwies abholen könnte. Ausserdem muss er ihm sanft beibringen, dass wir nun nur zu sechst sind, statt wie gemeldet Acht. Eigentlich hatte sich nämlich auch noch Hanspeter angemeldet, aber erschienen ist er dann doch nicht und Prisca hat Pascal gestern im Zug nahegebracht, dass sie nun heute von Langwies aus wieder heimfährt. Sie will allerdings dann in Schuls wieder zu uns stossen und mit ihrem Partner Daniel die Wanderung nach Müstair mit uns zusammen noch beenden. Für den Fahrdienst müssen wir allerdings ein Taxiunternehmen beordern, welches die Bewilligung für die Strasse ins Fondei besitzt. Wir rechnen, dass wir bis 16 Uhr in Langwies sein werden.

Rast am Strassenrand Peist im Schanfigg Glöcklein am Wegrand es ist auch Mountainbikeroute Blick vom Aussichtsturm aufs Langwieser Viadukt

Wahrscheinlich auch wegen dem Trümmeltaltobel, welches durch arge Murgänge auch ziemlich trümmlig aussieht, müssen wir bis Molinis an die Plessur auf 1040m hinunter absteigen und der Weg, der dort beginnt, ist zwar ein Fahrweg, aber wenigstens nicht geteert. Langsam aber stetig steigt er an bis auf 1450 m und gilt auch als Mountainbikeroute.
So kommen wir vor dem Langwieser-Viadukt wieder in besiedeltes Gebiet. Ein Aussichtsturm gewährt einem einen Überblick über den imposanten Bogen der bereits vor 100 Jahren erbauten Eisenbahnbrücke. Sie hat eine Spannweite von fast 300 Metern und ist 62 Meter hoch. Nur betreten darf man sie nicht. Diese 62 Meter müssen wir noch ins Tal absteigen, unten die Plessur überqueren und dann wieder hinauf. Man kommt dabei an einem gepflegten Picknickplatz mit Grill und Spaltholz und skurrilen Holzskulpturen vorbei, aber vor allem mit einem Brunnen, dessen Wasser in einen langen, ausgehöhlten Baumstamm plätschert. Jetzt kommen nicht nur die Arme dran, sondern stereo, wie zwei Störche stacksen Priska und Irene im Trog herum. Freundlicherweise hat jemand die Abfahrtszeiten der Züge in beiden Richtungen hier angeschlagen und auch, dass man bis zum Bahnhof noch eine Viertelstunde rechnen muss. Das reicht also noch gut und prickelnden Fusses kommt man am Bahnhof an. Das würde sogar noch für einen Abschiedstrunk reichen, bevor Priscas Zug kommt, aber hier ist erst der Bahnhof, ins Dorf geht's nochmals zehn Minuten. Uns reicht auch das noch gut für ein Bierchen, denn das Taxi wurde nun auf halb fünf bestellt. Prisca aber bleibt beim vier-Uhr-Zug.

die Störche kneippen 60 Meter über uns Adé Prisca beim Gwafför in Langwies Erosion

Während wir noch Adé winken, kommt das Taxi, also bleibt keine Zeit für eine nähere Dorfbesichtigung oder um den Stall voll Oldtimer auch zu sehen, welche Knud entdeckt hat, als wir noch am Kneippen waren. Aber wie man hier beim Tourismusbüro auf der andern Strassenseite Gwafför schreibt, muss doch in meine Schildersammlung. Die vermieste Katze vorhin in Tschiertschen habe ich leider nicht gesehen.
Immer höher schraubt sich nun unser Taxi im Wald den Berg hinauf und immer tiefer unten verschwinden am Schluss die Häuser von Langwies und immer erleichterter konstatiere ich, dass das Taxi diese 20 Franken mehr als nur Wert ist - das hätte ich heute zu Fuss nicht mehr geschafft!. Imposant öffnet sich das Tal unter uns und ein moränenartiger Erosionshang auf der gegenüberliegenden Seite fasziniert. Dann führt die Strasse, die nur für Berechtigte befahrbar ist, durch lange Galerien den senkrechten Felsen entlang. Präzision ist vom Fahrer gefordert, da muss man ‚d Ohre hinderelitze'! Und dann öffnet sich das Fondei, dieses wunderbare Hochtal über der Waldgrenze, welches die Walser von Davos her besiedelt haben.
Wir erreichen gegen fünf Uhr das Berggasthaus Strassberg und die Zeit reicht noch für einen Rundgang durch das Örtchen und auch, um den Wegweiser für morgen auszukundschaften. Etwas auf der Höhe liegt die alte Alpkäserei und die Leute kommen mit dem Milchkessel und holen bei der Sennerin mit der umgebundenen Gummischürze frische Milch. Wo man Käse macht, gibt es auch immer gutes Futter für die Schweine und so entdecke ich auf dem Hof nebenan durch ein herziges Guckloch eine kleine Schweinerei mit lauter zweifellos glücklichen Säulein, mein Juli-Monatsbild.

im Berggasthaus Strassberg glückliche Schweinchen bei der Alpkäserei im Fondei Ivaparfait mit Früchten der Iva-Schnaps wird degustiert

Die viele frische Luft heute hat hungrig gemacht. Gut gibt's schon um halb sieben Nachtessen. Schon das auf eine Schiefertafel geschriebene Menu tönt gut: Bunter Sommersalat, Kalbsgeschnetzeltes mit Gemüsemaccaroni und zum Dessert Ivaparfait mit Früchten. Der Koch versteht sein Handwerk, alles schmeckt wunderbar und uns nimmt nun wunder, was das Ivaparfait sein soll. Das sei eben mit Iva-Schnaps verfeinert. Es schmeckt nicht schlecht und nun möchte ich doch wissen, wie dieser Schnaps allein denn so schmeckt. Der sei selbstgemacht und hier in der Gegend hat sicher jede Familie ihr eigenes Rezept, wie lange man das hier oben gesammelte Iva-Kraut im Kernobstbrand an der Sonne reifen lassen muss. Iva ist die Moschus-Schafgarbe, die auf steinigem Boden über 1500 bis weit über 3000 Metern wächst. Die Wirtin bringt uns die Flasche, in welcher das Kraut vom letzten Jahr im Keller nun seine Wirkung entfaltet hat und welches man nun vielleicht wie einen Appenzeller oder Enzian bei Appetitlosigkeit, Erkrankungen von Magen, Darm und Leber oder auch bei Nervenschwäche anwenden kann. Natürlich müssen wir davon auch en nature probieren, als Verrysserli oder einfach anstelle des Grappas nach dem Essen.
Nachher kann man dann in den Zweierzimmern mit den karierten Duvets noch besser schlafen.


zum vorherigen Tag 26. Juli 20125 zum nächsten Tag